In alkalischen Elektrolyseanlagen herrschen durch die als Elektrolyt verwendete 80 bis 90 °C heiße Kalilauge (30- bis 35-prozentige wässrige KOH-Lösung) herausfordernde Umgebungsbedingungen. Die für diese Technologie neu entwickelten Wevo-Materialien auf Basis von modifizierten Polyurethanen, Epoxidharzen und Silikonen ermöglichen innovative Lösungen – unter anderem für die Abdichtung, das Stackdesign und die automatisierte Fertigung. Die Materialien kommen zunehmend auch für AEM-Elektrolyseure (Anion Exchange Membrane) zum Einsatz, bei denen die Anforderungen ebenfalls hoch sind – trotz der im Vergleich deutlich niedriger konzentrierten KOH-Lösung.
MATERIALIEN FÜR ALKALISCHE UND AEM-ELEKTROLYSEURE
Als Kleb- und Dichtmaterialien für Bipolarplatten, einzelne Stack-Zellen und den gesamten Stack bieten die neuen Wevo-Epoxidharzsysteme eine besonders hohe Chemikalienbeständigkeit. Dies bestätigte eine mehrwöchige Auslagerung von Prüfkörpern in 90 °C heißer, 35-prozentiger wässriger Kalilauge inklusive Untersuchungen beim Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik der RWTH Aachen. Die Materialien zeigten einen sehr geringen Gewichtsverlust von < 0,8 Prozent sowie eine nur sehr geringe Änderung der Shore-Härte von +/– 0,2 Einheiten. Zusätzlich konnten keine visuellen Veränderungen der Prüfkörperoberfläche festgestellt werden, was auch durch Laser-Konfokalmikroskopie bestätigt wurde. Zusätzlich haben die Materialien eine sehr geringe Gasdurchlässigkeit: Der beim Zentrum für Brennstoffzellen-Technik (ZBT) in Duisburg gemessene Wasserstoffpermeationskoeffizient beträgt für das Epoxidharz WEVOPOX VP 414 nur etwa 0,3 10E-8 cm²/s. Auch eine sehr gute Haftung auf den unterschiedlichen als Elektroden und Membranen verwendeten Metallsubstraten, wie Edelstahl oder Nickel, sowie auf diversen Kunststoffen ist für die Kleb- und Dichtmaterialien sichergestellt.
Weitere niederviskose Epoxidharzsysteme, wie z.B. das WEVOPOX 30010, eignen sich neben der hohen chemischen Beständigkeit aufgrund ihrer Viskositätseigenschaften zudem als Vergussmassen in diesem Bereich und eröffnen neue individuelle Möglichkeiten beim Design der Einzelzellen sowie des gesamten Stacks. Zellkomponenten wie Elektroden- oder Membranfolien lassen sich so nahtlos und vollkommen dicht mit dem Rahmen verbinden – dabei werden keine zusätzlichen Dichtungen und Klebstoffe mehr benötigt.
Als potenzielle Dichtmaterialien für alkalische und AEM-Elektrolyseure arbeitet Wevo derzeit zudem an speziellen hydrolysebeständigen Polyurethanharzen. In ersten Auslagerungstests in Kalilauge zeigten die WEVOPUR-Materialien eine sehr gute Beständigkeit.
MATERIALIEN FÜR PEM-ELEKTROLYSEURE
Im Bereich der PEM-Elektrolyseure (Proton Exchange Membrane) greifen die Wevo-Entwickler auf die in den letzten Jahren gewonnenen Erkenntnisse bei der Entwicklung von Dichtstoffen für PEM-Brennstoffzellen zurück.
Für die Komponenten des Elektrolyseur-Stacks wurden Dichtstoffe auf Basis von additionsvernetzenden Silikonen oder modifizierten Polyurethanen entwickelt. Für die sauren Umgebungsbedingungen stehen thixotrope Silikonsysteme mit sehr hoher chemischer Beständigkeit zur Verfügung. Auch Elastizität und Dehnung lassen sich bei diesen Materialien in einem weiten Bereich einstellen, was eine individuelle Anpassung an Aufbau und Arbeitsdruck des jeweiligen Elektolyseurs ermöglicht: Als Elastomermaterialien im Bereich Shore A 60 – 70 stehen zum Beispiel der weichelastische Silikon-Dichtstoff WEVOSIL 28001 oder die thixotrope Version WEVOSIL 18001 T zur Verfügung. Auch für den Bereich Shore A 30 – 40 bietet das Wevo-Portfolio bereits verschiedene Lösungen, darunter die weichelastischen und thixotropen Produkte WEVOSIL 28002 und 28102. Die beiden Dichtmaterialien zeichnen sich aufgrund ihrer speziellen chemischen Zusammensetzung vor allem durch eine für Silikone sehr geringe Wasserstoffdurchlässigkeit aus. Die beim ZBT gemessenen Wasserstoffpermeationskoeffizienten liegen bei circa 130 10E-8 cm²/s (WEVOSIL 28002) bzw. circa 220 10E-8 cm²/s (WEVOSIL 28102). Additionsvernetzende Silikone liegen hier üblicherweise im Bereich von etwa 500 bis über 1000 10E-8 cm²/s.
Die genannten Silikon-Produkte sowie die modifizierten Polyurethane stellen zudem eine Alternative zu den bisher häufig als Einlegedichtung verwendeten Fluor-Kautschuk-Materialien dar, die aufgrund der enthaltenen Per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) in der Diskussion stehen und möglicherweise ersetzt werden sollen.
AUFTRAG IM DISPENS- ODER SIEBDRUCKVERFAHREN
Für die automatisierte Fertigung werden die Materialien in flüssiger Form mittels Dispens- oder Siebdruckverfahren aufgebracht – und je nach Kundenanforderungen vor dem Stacking-Prozess als CIPG-Dichtung (Cured-in-Place-Gasket) oder FIPG-Dichtung (Formed-in-Place-Gasket) ausgehärtet.
Um das schnellere Siebdruckverfahren für die Wevo-Silikonmaterialien zu ermöglichen, wurde die Topfzeit modifiziert (WEVOSIL 18001, 18002, 18102 und 18001 T): Sie beträgt mindestens 24 Stunden bei Raumtemperatur, wodurch die Materialien auf dem Sieb und der Siebdruckanlage ohne Zwischenreinigung verwendet werden können. Die Aushärtung erfolgt danach entweder bei Temperaturen zwischen 100 und 140 °C im Umluftofen oder mit Nahinfrarotstrahlern in kurzer Zeit. Beide Härtungsmethoden können auch kombiniert werden.
Auch ein weichelastischer Isocyanat-freier und damit kennzeichnungsfreier Polyurethan-Dichtstoff lässt sich aufgrund der langen Topfzeit im Siebdruckverfahren applizieren. Die Wevo-Entwickler arbeiten derzeit außerdem an einer reaktiveren Variante mit kürzerer Topf- und Aushärtungszeit für den Auftrag per Dispensverfahren.
Autoren:
Andreas Arlt, Manager Business Development, WEVO-CHEMIE GmbH
Maximilian Heym, Forschungsingenieur, Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik (ISF), RWTH Aachen University